Theodor Fontane |
In unserem gemeinsamen Leben (wir sind 26 Jahre verheiratet und kennen uns seit 1996) ist uns der bekannte Dichter, Theodor Fontane, desöfteren begegnet. Sehr romantisch war der Kontakt am Anfang unserer Beziehung als ich Jutta aus "Effie Briest" (seinem erfolgreichen Klassiker) vorlas. Zu unserem 25. kirchlichen Hochzeitstag (am 5. Juni 2024 in Neuruppin) hatte ich wieder diesselbe Idee - diesmal allerdings etwas weniger romantisch, denn da ich das Effie-Briest-Buch vergessen hatte, nutzte ich meinen Laptop und Google Books.
Den sehr aktiven Autor und imaginären Reisebegleiter trafen wir Ende Oktober 2018 im Spreewald. Für die geplanten "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" sollte der vierbändige Teil "Spreewald" den ersten Abschnitt darstellen. Die Wanderungen begannen 1859. Die vier Reisekapitel erschienen vom 31. August bis 9. September 1859 in der Preussischen Adler-Zeitung. Es war sehr interessant, die Ausführungen Theodor Fontanes mit der heutigen Realitat zu vergleichen.
Zwei Jahre (29.9. bis 6.10.2020) später begegnete uns Theodor Fontane bei der Besichtigung des Schlosses Rheinsberg erneut. Im Rahmen seiner ausgebreiteten "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" war er im Schloss Rheinsberg angekommen und hat uns eine ausführliche Beschreibung hinterlassen. Wir kamen von Waren an der Müritz, wo wir in dem kleinen Ort Speck ein Ferienhaus gemietet hatten. Auch nach Waren hatte Theodor Fontane eine besondere Beziehug, denn 1896 verlebte er dort mit seiner Frau Emilie und der Tochter Martha (Mete) sechs wunderschöne Wochen in der Sommerfrische.
Er nutzte die Zeit für die Ausarbeitung seines Werkes "Der Stechlin". Aus der Biographie "Geliebter Herzensmann" (Emilie und Theodor Fontane) von Gisela Heller habe ich erfahren, dass Theodor Fontane sich für die Ausarbeitung seiner Werke an ruhige Plätze (allein oder mit seiner Frau Emilie) zurückgezogen hat, die ich teilweise in meinem Buch "Reisen in die Neuen Bundesländer (ehemals DDR)" beschrieben habe (Beispiel: Thale).
Am 4. Juni 2024 fuhren wir uns mit einer gewissen Vorfreude und einem Erfahrungsschatz über Theodor Fontane mit dem dem Auto nach Neuruppin. Wir legten die Strecke von 300 km in 5 h zurück. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens auf der A 2 nutzten wir die Abzweigung A 14 und lernten entspannter die Landschaft kennen. Auf unserem Ausflug nach Wernigerode (16. bis 20. Februar 2024) hatte ich 3 Tickets wegen zu schnellen Fahrens gesammelt (Gesamtbetrag 110,- €). Diesmal nutzte Jutta auf ihrem Smartphone eine Warn-App. Diese funktionierte einwandfrei und ich konnte mein Geldfür sinnvollere Zwecke verwenden.
Frühstückraum im Wintergarten |
Das Hotel "Altes Kasino" lag sehr schön am Ruppiner See. Wir genossen die bequeme Ferienwohnung und unternahmen von dort Ausflüge zu Fuß ins Stadtzentrum von Neuruppin, um Besorgungen und Besichtigungen zu erledigen. Es fiel uns auf, dass in diesem gemütlichen Städtchen die Uhren langsamer gehen, die Menschen sich nicht so hektisch verhalten und auch freundlicher sind als bei uns zu Hause.
Das Abendessen gönnten wir uns im nahegelegenen Sirtaki. Jutta hatte es - wie üblich - vorab ausgesucht und wir wurden nicht enttäuscht. Die Portionen waren so reichlich, dass wir uns den Rest einpacken liessen und mitnahmen. Das Resumé des ersten Tages war: Es hat uns sehr gut gefallen, die Lage am Ruppiner See war sehr schön. Und man mußte keine weiten Wege zurücklegen. Aber erst einmal hatten wir unser Besuchsprogramm für Neuruppin vor uns.
Fertigung von Bilderbogen |
Um uns einen Eindruck über die Geschichte und ihre berühmten Bewohner zu verschaffen, besuchten wir das Museum, das ganz in der Nähe lag. Das Personal war ausnehmend freundlich und der Eintritt war kostenlos. Wir spendeten 15,- €. Neben dem Dichter Theoder Fontane, dem Architekten und Baumeister Karl Friedrich Schinkel und dem Maler Wilhelm Gentz, interessierten wir uns für die Geschichte der Betriebe, die hier angesiedelt waren, z. B. die Firma MINIMAX, die später nach Hamburg übersiedelte. Das Museum beherbergt eine Sammlung von 13.000 Bilderbogen von drei Neuruppiner Verlagen.
Ursprünglich wollten wir noch den Tempelgarten besichtigen (es gab vom Museum einen Durchgang). Aber da begann es stark zu regnen. Wir eilten deshalb sehr schnell nach Hause (und genossen den Regenguss). In der komplett eingerichteten Ferienwohnung gab es - neben einer Waschmaschine - auch einen Trockner, in dem wir unsere feuchte Kleidung sehr schnell wieder verwndbar machten.
Hauptportal der Siechenhauskapelle |
Am Donnerstag, den 6. Juni 2024, unternahmen wir die zweite Stadtwanderung. Erst besuchten wir die Siechenhauskapelle (heute Hotel Up Hus). Diese diente als Siechenhospital und ist ein einzigartiges Zeugnis des religiösen Lebens und der Krankenfürsorge im mittelalterlichen Neuruppin. Dann ging die Stadtwanderung weiter zum Predigerwitwenhaus in der Fischbänkenstr. 8. Einige Zeit wohnte hier auch die Mutter von Theodor Fontane, Emilie Fontane. Sie hatte sich von ihrem Mann getrennt, war aber nicht geschieden. Wir kamen auch an der Löwen-Apotheke vorbei, wo im 1. Stock Theodor Fontane geboren wurde.
Karl-Friedrich-Schinkel-Denkmal |
Es war von dort nicht weit bis zum Kirchplatz, wo sich das prächtige Karl-Friedrich-Schinkel-Denkmal befindet. Dieser berühmte Sohn der Stadt Neuruppin ist uns bereits im Museum begegnet. Er war ein bekannter Architekt und Stadtplaner. Er überprüfte alle staatlichen Bauvorhaben für das Königreich Preußen in ökonomischer, funktionaler und ästhetischer Hinsicht. Schinkel war Oberlandesbaudirektor und Architekt des Königs. Seine Bauwerke prägen heute noch das Stadtbild der Mitte Berlins. 1787 erlebte Neuruppin erlebte einen großen Stadtbrand. Sein Elternhaus (Pfarrhaus) wurde durch den Brand völlig zerstört. Schinkels Vater stirbt an den Folgen einer Krankheit, die er sich durch die Strapazen während des Brandes zugezogen hatte. Die Witwe zog mit den fünf Kindern ebenfalls in das Predigerwitwenhaus in die Fischbänkenstraße 8.
Klosterkirche St. Trinitas |
Auf dem Rückweg wollte ich den Turm der Klosterkirche St. Trinitas besteigen. Leider war der Aufgang verschlossen. Gegen 12 Uhr 30 (also 1,5 h später) klappte es und kostete 2,- € Eintritt. Er herrschte eine strenge Kontolle, denn der Aufgang wurde von einer älteren Dame bewacht. So wollte sie vermeiden, dass jemand eingeschlossen wird und die Nacht im Turm verbringen muß.
Tempelgarten |
Am Freitag, den 7. Juni 2024 (dem Tag vor der Abreise), war zuerst einmal der Besuch des Tempelgartens geplant (diesmal regnete es nicht und später kam die Sonne heraus). Den Tempelgarten liess der Kronprinz Friedrich der II., der in seit 1732 in Neuruppin stationiert war, 1735 von dem befreundeten Baumeister, Georg Wenzelaus von Knobelsdorff, bauen. Zentrum war ein Apollo-Tempel, der dem Garten den Namen gab. Seine heutige Gestalt erhielt der Tempelgarten ab 1853 durch die Neuruppiner Kaufmannsfamilie Gentz (aus dieser Familie stammt auch der Maler Wilhelm Gentz, den wir bereits im Museum kennengelernt haben). Nachdem die Familie Gentz in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen war, wurde der Garten 1880 an den Kreis Ruppin verkauft.
Theodor-Fontane-Denkmal |
Mit einer gewissen Anspannung suchten wir das Theodor-Fontane-Denkmal am Fontaneplatz. Es war allerdings leichter zu finden als wir gedacht hatten. Hier sitzt der typische Dichter, der die "Wanderungen in der Mark Brandenburg" unternommen und darüber berichtet hat (siehe: Spazierstock und Notizbuch). Nun hatten wir den Eindruck alles Wichtige und Interessante über Theodor Fontane erfahren zu haben. Wir schlossen diesen eindrucksvollen Tag mit einer 2-stündigen Bootsfahrt auf dem Ruppiner See ab.
Noch etwas nahm ich nach Hause mit: Ich arbeite seit mehreren Jahren als Hobbyhistoriker an dem Thema "Oskar Schindler in Hildesheim" (er hatte hier drei Jahre bis zu seinem Tode 1974 gelebt). Warum sollte sich Hildesheim nicht Oskar-Schindler-Stadt wie Neuruppin die Fontanestadt benennen?