Unterwegs im Spreewald |
Theodor Fontane fuhr mit der Nachtkutsche von Berlin nach Lübben (ca. 100 km) und kam dort am frühen Morgen an. Wir benötigten für die Strecke von Hildesheim nach Lübben (ca. 330 km - größtenteils Autobahn) 5 Stunden und trafen gegen 13 Uhr 30 im Spreewaldhotel Stephanshof in Lübben ein.
Zu unserer Überraschung fiel unser Zimmer 303 (im 3. Stock mit Dachschräge) relativ klein aus. Der Grund war schnell gefunden: Wir hatten über Booking.com gebucht, was bedeutet, dass dieses Vergleichsportal mindestens 15 Prozent Provision vom Hotelier erhält. Entsprechend schlechter war das reservierte Zimmer (Standard-Version). Wir gewöhnten uns an das Zimmer und fanden es schließlich ganz gemütlich. Daraus lernten aber auch, dass wir unsere Übernachtungen in Deutschland und den angrenzenden Ländern direkt beim Hotel-Management vor Ort buchen.
Spreewaldhotel Stephanshof |
Paul-Gerhardt-Kirche in Lübben |
Paul-Gerhardt-Denkmal vor der Kirche |
Die frühen Erfahrungen (er wurde 1607 in Gräfenhainichen im Landkreis Wittenberg geboren) von Krieg, Krankheit und Tod prägten Gerhardt. Das spiegelt sich besonders in seinen Gedichten, die in ihrer Schlichtheit, Gefühlswärme und Singbarkeit zu Volksliedern geworden sind. Ob er Eigenes schuf oder aus den Psalmen der Bibel schöpfte, ob er die lateinischen Hymnen eines Arnulf von Löwen oder die Gebete Johann Arndts seinen Liedern zu Grunde legte, stets gelang es ihm, den bekannten Inhalt emotional zu bearbeiten.
Das Speziallager Ketschendorf, am südlichen Ortsrand von Ketschendorf bei Fürstenwalde/Spree gelegen, war als Speziallager Nr. 5 eines von zehn solchen Lagern der sowjetischen Besatzungsmacht in der Sowjetischen Besatzungszone. Es bestand von April 1945 bis Februar 1947.
Über 4600 Internierte starben unter unmenschlichen Bedingungen, zum Beispiel an Unterernährung und Tuberkulose; sie wurden zwischen dem Lager und der Autobahn in Massengräbern verscharrt. 1952 wurden bei Ausschachtungsarbeiten für Wohnhäuser mehrere tausend Leichen gefunden. Nach 1990 wurde in Ketschendorf eine Gedenkstätte für die Opfer des stalinistischen Terrors errichtet.
2013–2014 ist für das Internierungslager ein Totenbuch mit Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, letztem Wohnort und Sterbedatum erarbeitet worden. In ihm sind die Namen von 4.722 Opfern des Lagers erfasst, 100 mehr, als bisher bekannt war. Pfarrer Eckhard Fichtmüller, seit 2010 Vorsitzender der Initiativgruppe Internierungslager Ketschendorf, wurde 2015 für seine Verdienste um die historische Aufarbeitung der Geschichte des Lagers die Ehrenbürgerschaft der Stadt Fürstenwalde verliehen.
Brücke zur Schloss-Insel |
Der Kirchplatz von Lübbenau |
Als die Fontane-Reisegruppe in der Kutsche am Sonntagmorgen den damaligen Gasthof "Zum Braunen Hirsch (heute Rathaus und Touristinformation, Kirchplatz 1) erreichten, war es genau eine Stunde zu spät, um den bunten Korso der Spreewälder vom Hafen zur Lübbenauer Sankt-Nikolai-Kirche mitzuerleben. So konnte die Festtagstracht erst nach dem „wendischen Gottesdienst" begutachtet werden. Über das verpasste Eintreffen schrieb Theodor Fontane:
... wenn icn aller Sonntagsfrühe die Kirchgänger und Kirchgängerinnen des Spreewalds auf 50 bis 100 Böten die verschiedenen Spreearme herunterkommen und im vollen Sonntagsschmucke vor- und nebeneinander herfahrend, endlich am Parkufer anlangen und unter den Laubengängen des Lynarschen Schlosses hin still und bedächtig der Stadt und Kirche zuschreiten.
Wir waren in der entgegengesetzten Richtung unterwegs, denn wir wollten - an dem Lynarschen Schloss vorbei - die eindrucksvolle Parklandschaft genießen. Im Gegensatz zu den buntgekleideten sonntäglichen Messebesuchern, war es an diesem Donnerstag unseres Ausfluges nach Lübbenau sehr ruhig. Wir waren im Park nahezu alleine unterwegs.
Graf zu Lynar ließ 1817 die alte Wasserburg im Renaissancestil abtragen und an gleicher Stelle das klassizistische Schloss bauen (1817 bis 1820), das dem heutigen Aussehen entspricht. Nach 1817 entstand auch die wunderschöne Parklandschaft Nach schwierigen Rückgabeverhandlungen an die Lynarsche Familie erfolgte 1992 der Ausbau des Schlosses in ein 4-Sterne-Hotel.
Aber dann zog es uns auch in die Sankt-Nikolai-Kirche im Zentrum von Lübbenau, die auch Theodor Fontane am Sonntag, den 7. August 1859, besucht hat und wegen der sorbischen/wendischen Sprache nichts verstand.. Die Sankt-Nikolai-Kirche ist eine evangelische Kirche.Sie zählt zum Dresdner Barock in der Niederlausitz und gehört zum gleichnamigen Kirchenkreis. Von 1738 bis 1741 entstand auf den Fundamenten des Vorgängerbaus ein neues Kirchengebäude nach Plänen von Johann Gottfried Findeisen aus Dresden im Barockstil.
Sankt-Nikolai-Kirche |
Taufengel |
Erinnerungskreuz an Wilhelm Friedrich Rochus Graf zu Lynar |
In der Kirche befindet sich auch eine Gedenktafel für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Gemeindemitglieder. Weitere Gedenktafeln ehren die Familienmitglieder der Lynars zwischen 1781 und 1928. An der nordöstlichen Wand erinnert ein Holzkreuz an Wilhelm Friedrich Rochus Graf zu Lynar. Dieser war am 29. September 1944 als Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten, infolge des Attentats auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944, hingerichtet wurden. Das Johanniterkreuz stammt vom Dorffriedhof Seese, der einem Braunkohletagebau weichen musste. Wilhelm Graf zu Lynar hatte in Seese gelebt. Das Kreuz trägt den Bibelvers „Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten.“
Nach dem Besuch der sonntäglichen Messe in Lübbenau zog es Theodor Fontane zur Kahntour. Er spricht von der Gondel, die er durch dsen Lynarschen Park in 5 Minuten am Hauptspreearm erreichte. Im Boot befanden sich drei Bänke mit Polster und Rückenlehne. Auch für die Verpflegung war gesorgt. Das Ziel war erst einmal das beliebte Spreewalddorf Lehde.
Haus in Lehde |
Das Feuerwehrhaus in Lehde |
Das Freilandmuseum Lehde |
Die Sorben/Wenden gehören zu den slawischen Volksstämmen, die sich
im 6. Jahrhundert im Spreewald ansiedelten und bis heute untrennbar mit
der Region verbunden sind.
Den Besuchern des
Spreewalds sticht vielerorts die Zweisprachigkeit der Beschilderungen
ins Auge. Nach der großen Völkerwanderung im 6. Jahrhundert ließen sich
hier die slawischen Siedler nieder. Die slawischen Burgwälle gehören noch heute zu den Zeugnissen dieser Ansiedlung.
Holzbrücke im Freilandmuseum |
Der Name „Sorben“ ist dem slawischen Wort „Serby“ entlehnt und
bezeichnet einen der rund 20 slawischen Volksstämme, die sich im
Spreewald ansiedelten. Aus der Zeit der Römer stammt die Bezeichnung „Wenden“,
die sich bis in die Neuzeit gehalten hat und alle slawischen
Volksstämme umschließt. Beide Begriffe werden heutzutage synonym
verwendet.
Sorbische Führerin |
Waschtag im Freilandmuseum |
Nun kam am nächsten Tag der Freitag - der Tag unserer sehnsüchtig erwarteten Kahnfahrt mit Bernd. Jutta hatte bereits von Hildesheim aus unsere persönliche Kahnfahrt organisiert. Es wurde aber auch vereinbart, dass sie sich nach unserer Ankunft in Lübben bei Bernd melden sollte. Dieser schlug bereits den Mittwoch (wir kamen am Dienstagnachmittag an) vor, da an diesem Tag schönes Wetter herrschen würde. Wir zogen den Freitag vor und wurden vom Wetter ebenfalls nicht enttäuscht.
Begrüssung am Startplatz der Kahntour |
Proviant für die Kahntour |
Gegenverkehr |
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Unterwegs im Spreewald |
Das Grab des Fürst Pückler in der Seepyramide |
Mit dem Besuch der Parkanlage, die Fürst Pückler, mit großem Aufwand geschaffen hat, stieg auch mein Interesse an dieser Personlichkeit und fand viele Aspekte seiner Biographie sehr bewundernswert. Es war vor allen Dingen sein Können als Gartenbauarchitekt und sein Interesse für fremde Völker, die er besucht und über die er ausfühlich berichtet hat. In der Seepyramide, die sich Park Branitz befindet, liegt er mit seiner Gattin Lucie begraben.
Haupfriedhof Lübben |
Der letzte Tag vor der Heimreise war ein Sonntag. Wir besuchten den Gottesdienst (Mirjamsonntag) in der Paul-Gerhardt-Kirche in Lübben und den Hauptfriedhof. Um 1745 wurde an dieser Stelle ein Weinberg angelegt. Jedoch war das Gelände wegen der klimatischen Bedingungen für den Weinanbau nicht geeignet. Deshalb wurde der Weinberg für die Anlage eines neuen Friedhofes 1856 verkauft und am 24. November 1872 eingeweiht. Uns hat der Friedhof sehr gut gefallen und wirkte wie ein Platz der Stille. Bemerkenswert fanden wir die Anordnung der Urnengräber und die zahlreichen, formschönen schmiedeeisernen Gitter.
Literatur:
REISEN in die Neuen Bundesländer
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