Freitag, 19. August 2022

Die Saalfelder Feengrotten und weitere Sehenswürdigkeiten

Saalfelder Feengrotten
 

Als JUTTA vorschlug, die Saalfelder Feengrotten an einem  verlängerten Wochenende zu besichtigen, war ich erst einmal überrascht, denn diese Sehenswürdigkeiten waren mir völlig unbekannt. Dies ist aber nicht neu für mich, denn JUTTA ist sehr geschickt im Finden neuer Reiseziele, die mit dem Auto, der Bahn oder dem Bus erreichbar sind.

Wir haben früher zahlreiche Fernreisen nach Indien, China, Südafrika, Vietnam und in den Oman unternommen. Das bedeutete immer eine größere Vorbereitung (Visa, Impfungen usw.) - aber die Flüge klappten und das Gepäck kam an. Wir haben Anfang Oktober 2022 eine Woche Ferien auf Sardinien gebucht. Wir fliegen mit der Lufthansa von Hannover nach Frankfurt mit einer 3/4 h Transferzeit auf den LH-Flug nach Sardinien. Da in Frankfurt das totale Chaos bei der Sicherheitskontrolle und der Gepäckabfertigung herrscht, wollten wir 4 h früher fliegen bzw. "rail and fly" buchen. Beides ging nicht! Wir kauften uns deshalb 2 Handgepäck-Kabinentrolley, die wir mitnehmen können. Von der Sorge bezüglich verlorengegangener Koffer sind wir erst einmal befreit. Über uns schwebt aber immer noch das Damoklesschwert, dass Flüge überraschend gestrichen werden können. Es wird also sehr spannend.

Nachtrag: TUI hat den Zubringerflug gestrichen. Dafur gibt es den "Rail and Fly" Zusatz. Ob die zahlreichen Gespräche, die Jutta geführt hat oder mein Beitrag, den ich auch bei Twitter und LinkedIn veröffentlicht habe, dazu geführt haben, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

Nun ist also nachvollziehbar, warum wir gerne auf Flugreisen (die auch noch sehr teuer geworden sind) verzichten wollen und Unternehmungen mit unserem eigenen Auto vorziehen. So begannen wir unseren Ausflug nach Saalfeld am Donnerstag, den 14. Juli 2022, voller Begeisterung, denn wir fuhren erst einmal die Strecke nach Erfurt über die kurvenreiche B4 ab Nordhausen. Über die A71, die wir bereits auf dem Weg nach Masserberg/Rennsteig kennengelernt hatten, ging es bis zur Abfahrt Rudolstadt und dann weiter bis Saalfeld.

Eingang zum Street Food Festival
  

Auf dem Parkplatz von Saalfeld wurde gerade das Street Food Festival (15. bis 17. Juli 2022) vorbereitet und dafür waren mehrere Zufahrtsstrassen gesperrt und in Einbahnstrassen umgewandelt. So war es für uns schwierig, den Zugang zum Hotel Anker zu finden. Wir parkten unseren Wagen in der Nähe und gingen zu Fuß zum Hotel. Dort erklärte man uns die Anfahrt zum hoteleigenen Parkplatz.

Das Zimmer gefiel uns sehr gut, denn es war großzügig angelegt und die Aussicht war in Richtung Marktplatz, von wo allerdings der Lärm der Veranstaltung "Street Food Festival" bis 22 Uhr herüberschwappte. Erst dann konnten wir die Fenster öffnen. Eine Überraschung war auch das Himmelbett mit Baldachin. So etwas haben wir in Pushkar in Indien 2007 erstmals erlebt. Später hat sich dies im Schlafzimmer des Niedersächsischen Hofes wiederholt.

Eigentlich wollten wir das Abendessen beim Chinesen in der Nähe einnehmen. Leider hatte dieser seit einiger Zeit geschlossen. Nach einigem Suchen fanden wir den Inder "Naan n Curry" in der Blankenburgerstrasse 8. Das Essen hat uns sehr gut geschmeckt und wir konnten unsere Erinnerungen an die Rajasthan-Rundreise 2007 pflegen - und das in einer freundlichen, deutschen Stadt, die vor nicht allzulanger Zeit zur DDR gehörte.

Da wir uns selbst versorgten, besuchten wir am folgenden Morgen den CAP-Markt am Marktplatz. Dieser lag sehr günstig, denn so konnten wir zu Fuß unseren Einkauf erledigen. Erst bei den Recherchen zu diesem Bericht, habe ich erfahren, dass GAP zu EDEKA gehört und ich meine Deutschlandccard hätte verwenden können.

Der Zitronenfalter zu Besuch
 

Die Saalfelder Feengrotten lagen etwas außerhalb und waren Dank der guten Beschilderung leicht zu finden. Jutta organisierte die Führung durch die Saalfelder Feengrotten und bekam dabei Besuch von einem Zitronenfalter. Vor Beginn der Führung wurden wir mit einem Cape und einer Mütze eingekleidet. Dann gab es das obligatorische Gruppenfoto mit einer Kamera, die hoch im Baum befestigt war, und wo nach dem Schnappschuss Rauch aufstieg. Der Fotograf war in einem Häusschen versteckt. Die fertigen Fotos konnten am Ausgang gekauft werden.

 

Die Saalfelder Feengrotten sind ein Schaubergwerk, das aus einem stillgelegten Bergwerk entstanden ist. Es wurde 1914 eröffnet. Berühmt sind die Feengrotten vor allem für ihre bunten Tropfssteinhöhlen. Das ehemalige Alaunschieferbergwerk hieß „Jeremias Glück“. Seit 1993 steht das Schaubergwerk  als „Die farbenreichsten Schaugrotten der Welt“ im Guinness-Buch der Rekorde.

Villa Bergfried

 

Nach diesem eindrucksvollen Besuch der Feengrotten wollten wir den Park und die Villa Bergfried  besichtigen. Dies war kein einfaches Unterfangen, denn der Weg dorthin war nicht eindeutig ausgeschildert. Wir landeten erst einmal beim Sanatorium Bergfried. Auf dem Rückweg ins Stadtzentrum von Saafeld lag der Park  auf der rechten Seite und war dann entsprechend ausgeschildert.

Am 3. Juni 1855 eröffnete der damals 25-jährige Franzose André Mauxion (1830–1905) als gelernter Confiseur in Berlin eine Confiserie. Diese Fertigung wurde 1872 um eine Schokoladenproduktion erweitert. André Mauxion übertrug 1895 seinen Söhnen Alfred und Felix die Geschäftsführung. Er zog sich aus dem Unternehmen zurück. Da die Berliner Fabrikräume nicht mehr ausreichten, kauften die Söhne die Neumühle bei Köditz in der Nähe von Saalfeld/Saale. Im Winter 1900/1901 war der Umzug der Fabrik von Berlin nach Saalfeld. Man nutzte die Wasserkraft für neuartige Conchiermaschinen, die man nach eigenen Plänen bauen ließ. 

Unternehmer Ernst Hüther mit Gattin

 

Am 5. September 1911 wurde die bisherige offene Handelsgesellschaft André Mauxion in Neumühle bei Saalfeld an der Saale in die Chocoladenfabrik Mauxion mbH umgewandelt. Es traten drei neue Gesellschafter ein, darunter der spätere Alleineigentümer Ernst Hüther (1880–1944). Die Brüder Mauxion zogen sich aus gesundheitlichen Gründen mehr und mehr aus dem Geschäft zurück. Am 28. Juni 1913 endete die Vertretungsbefugnis von Alfred Mauxion. Ernst Hüther übernahm die Unternehmensleitung und erhöhte am 12. November 1913 das von ihm eingebrachte Stammkapital von 100.000 Mark auf 330.000 Mark. Die Brüder Mauxion verließen zu diesem Zeitpunkt die Stadt Saalfeld und zogen zurück nach Berlin. Sechs Jahre nach Eintritt in das Unternehmen Mauxion übernahm es Ernst Hüther 1917/1918 als Alleininhaber. Hüther stammte aus Pößneck in Thüringen und absolvierte dort eine kaufmännische Lehre bei dem 1876 gegründeten Schokoladenhersteller Robert Berger (heute Schokoladenwerk Berggold). Im Jahr 1909 arbeitete er in Berlin als Generalvertreter der Tangermünder Schokoladenfabrik.

Die Zeit des Ersten Weltkriegs war die erste große Herausforderung für den Geschäftsführer Hüther. Als wegen der Seeblockade Deutschlands durch die britische Royal Navy die Kakao-Lieferungen ausblieben, entwickelte Mauxion ein besonderes Verfahren zur Nutzung von Getreidekeimen. Ersatzlebensmittel wie Nährsuppen und ein sogenannter „Morgentrank“ wurden hergestellt; zeitweise waren es 300 Zentner pro Tag. 

Zwischen 1921 und 1928 wurden die alten Mühlenanlagen abgerissen und ein moderner Industriebetrieb errichtet. Die Neubauten waren erforderlich, da der Umsatz nach dem Ersten Weltkrieg stetig anstieg. Das spiegelte sich auch in der Zahl der Beschäftigten wieder: Von 500 im Jahr 1920 stieg die Zahl der Arbeiter und Angestellten auf etwa 1800 im Jahr 1925. 1924 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 17,4 Millionen Reichsmark. Dieser Wert konnte bis 1933 nicht wieder erreicht werden. 

Anfang der 1920er Jahre erlebte die Schokoladenproduktion in  Deutschland einen rasanten Aufschwung, der im Jahre 1924 seinen Höhepunkt erreichte. Im Winter 1925/1926 kam es dann zu einer Krise, die das Werk vorübergehend stillegte. Ausgelöst wurde sie durch Neugründungen und Fabrikvergrößerungen in Deutschland, in deren Folge eine Überproduktion vorlag. Die Schokoladenfabrik Mauxion geriet in Zahlungsschwierigkeiten. Der Konkurs konnte nur mit Hilfe des Thüringer Regierung abgewendet werden. 

Danach normalisierten sich die Umsätze. Von 1931 bis 1933 fielen die Umsätze weniger und sanken auf weniger als die Hälfte des Niveaus von 1929. In Anbetracht der Verluste, die das Unternehmen verzeichnete, versuchten die Kreditgeber unter Führung der Dresdner Bank in den Besitz von Gesellschaftsanteilen zu kommen. Die Banken kündigten sämtliche Kredite, worauf Hüther alle Zahlungen einstellte und keine Bilanzen mehr vorlegte. 

Da die Vermittlungsversuche scheiterten, setzten die beteiligten Banken die Schokoladenfabrik Mauxion in Verzug. Die Commerzbank eröffnete wegen eines Teilbetrags von 200.000 Reichsmark gegen das Unternehmen und auch gegen Ernst Hüther als Bürgen ein Verfahren, das vor dem Landgericht Rudolstadt ausgetragen wurde. Das Urteil am 27. Februar 1936 ging in vollem Umfang zu Gunsten der Commerzbank aus. Daraufhin schaltete sich Otto Eberhardt als Thüringer Gauwirtschaftsberater der NSDAP ein. Unter seinem Druck lenkte das Bankenkonsortium ein. Die Forderungen nach Ablösung Hüthers von der Geschäftsleitung wurde zurückgenommen. Außerdem fanden sich die Banken bereit, ihre Zinsansprüche deutlich zu reduzieren. 

Zwischenbemerkung:  Nachdem ich diese detaillierten  Informationen über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des "erfolgreichen" Unternehmers Ernst Hüther bei WIKIPEDIA gefunden und hier zitiert habe, hat sich mein Bild dieser Saalfelder Persönlichkeit, der in seiner Villa Bergfried rauschende Feste veranstaltet hat, drastisch verändert. Waren es doch schließlich die Nazis, die ihn 1936 vor großer Not gerettet haben - wie bereits 1925/1926 die Thüringer Regierung ihn vor dem Konkurs bewahrt hat.

Wie viele andere Unternehmer war Ernst Hüther bemüht, möglichst autark zu sein. So ließ er unter anderen eine eigene Buchbinderei, ein Sägewerk, eine Kistenfabrik, ein Kraftwerk und eine Autohalle errichten und eine Obstplantage anlegen. Eine Ziegelei wurde ebenfalls gekauft. Hüther besaß außerdem zahlreiche Häuser und Werkswohnungen, darunter das Mauxion-Hotel „Roter Hirsch“, die Gaststätte „Das Loch“ und Schloss Wetzelstein. Für sich und seine Familie ließ er die Villa „Bergfried“ anlegen, inklusive eines 20 Hektar großen Landschaftsparks mit Weiherhäuschen, Pförtnerhaus, Gärtnerei und Glockenturm mit Carillon. Den Mitarbeitern standen eine Gartenkolonie und ein Erholungsheim zur Verfügung. In den 1930er Jahren besaß Hüther in Saalfeld einunddreißig Immobilien und weitere im nahen Pößneck sowie in Garmisch-Partenkirchen und Frankfurt am Main. Die Stadt Saalfeld war untrennbar verbunden mit der Unternehmerfamilie und ihrer Schokoladenfabrik, die weit und breit der größte Arbeitgeber war. 

Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Unternehmen in die staatlich gelenkte Kriegswirtschaft einbezogen. Es musste auf andere Erzeugnisse ausweichen und stellte neben Süßwaren kriegswirtschaftliche Nährmittel wie Malzkost, Melakost, Haferkakao, Suppenpulver, Trockenkartoffeln sowie Trockenobst und Trockengemüse her. Ab 1939 wurden 10,5-cm-Granaten, gegen Mitte des Jahres 1940 auch 8,8 cm-Granaten hergestellt. 1943 wurde eine vollständige Fabrikationsstraße mit kompletter Ausrüstung von den BMW-Werken in Eisenach und München nach Saalfeld verlagert, mit der auf eigene Rechnung Flugzeugmotorenzylinder hergestellt wurden. Im August 1944 starb Ernst Hüther. 

Stadtmuseum Saalfeld im Franzikanerkloster
 

Der dritte Tag war  für den Besuch des Stadtmuseums Saalfeld  vorgesehen. Dieses befindet sich im ehemaligen Saalfelder Franziskanerkloster. Es erstreckt sich über das gesamte Gebäude. Somit ist auch die ursprüngliche Klosteranlage, mit den Kreuzgängen und dem gotischem Dachstuhl, Teil der Ausstellung. Die Ausstellungsfläche beträgt insgesamt rund 2700 m².

Das Museum sammelt, bewahrt, erforscht und vermittelt in seinen Ausstellungen Objekte und Informationen zur Saalfelder Stadt- und Regionalgeschichte. Zeitlich reichen die Museumsinhalte von der Besiedelung des Saalfelder Raumes in der Steinzeit, über die Stadtgründung im Mittelalter, bis in die Gegenwart.

Die Besichtigung der gesamten Austellung war an dem Vormittag, den wir dafür vorgesehen hatten, nicht zu schaffen. Es gab aber trotzdem mehrere Highlights, die uns besonders interessierten: Die „Naturkundliche Sammlung Emil Weiske“ beinhaltet unterschiedliche Präparate exotischer Tiere und ethnologische Gegenstände, die der deutsche Naturforscher und Sammler Emil Weiske (geb. 19.5.1867 in Dolsenhain bei Altenburg - gest. am 15.3.1950 in Saalfeld) auf seinen Forschungsreisen mitgebracht hat. Von 1890 bis 1900 bereiste Weiske die USA, Hawaii, Fidschi, Neuseeland, Australien und Neuguinea. 1908 besuchte er Sibirien und die nördliche Mongolei. Seine letzte Reise führte ihn 1911 nach Argentinien, Brasilien und Paraguay. 

Die Tagebücher von Emil Weiske

 

Es ist interessant, dass der Naturforscher Emil Weiske zahlreiche Länder bereist hat, die ich 70 Jahre später ebenfalls kennengelernt habe. So entstand auch sofort ein besonderes Interesse für seine Sammlung.Als Emil Weiske am 9. Februar 1900 Fische mittels einer Dynamitpatrone fangen wollte, um für die Expeditionsteilnehmer Nahrung zu beschaffen, explodierte sie zu früh und zerschmetterte seine rechte Hand, die daraufhin amputiert werden mußte. Weiske fuhr deshalb nach Deutschland zurück und traf am 20. Mai 1900 nach zehnjähriger Abwesenheit wieder in Dolsenhain ein. Hier heiratete er Maria Lina Mäder, eine Nachbarin, mit der er dann sechs Kinder hatte. Dieses Handikap hielt ihn nicht davon ab, weitere Forschungsreisen zu unternehmen.

Flügelaltar

 

Das Stadtmuseum Saalfeld sammelt seit seiner Gründung Sakralgegenstände und spätmittelalterliche Bildwerke. 1928 gelangten drei in Saalfeld entstandene spätgotische Flügelaltäre als Leihgaben des Herzoglichen Hauses Sachsen-Meiningen in das Museum: Der Große Marienaltar aus Oberpreilipp, der Kleine Marienaltar aus Obernitz und der Annenaltar aus Oberpreilipp. Alle drei Altäre gingen zwischen 2001 und 2020 in musealen Besitz über. Sie sind als Teil der Dauerausstellung im ehemaligen Kapitelsaal beherbergt.

Auf dem Weg zum Fahrgastschiff

 

Als zweiter Programmpunkt dieses dritten Tages war eine Tour mit dem Fahrgastschiff auf dem Hohenwartestaussee vorgesehen. Der Weg von Saalfeld nach Hohenwarte war nicht sehr gut ausgeschildert. Trotzdem kamen wir rechtzeitig zur Abfahrt unseres Schiffes um 13 Uhr an. Der Stausee ist 27 km lang und bis zu 1 km breit. Die Rundfahrt ging nur über eine Entfernung von 11 km und dauerte 1,5 Std. An der Staumauer bei Hohenwarte befindet sich die tiefste Stelle mit 68 m Wassertiefe. Mit einem Wasserinhalt von 182 Mio. m³ ist er der drittgrösste Stausee Deutschlands und nimmt eine Fläche von 7,3 km² ein. Die Sperrmauer ist 75 m hoch und 412 m lang. Die Mauer wurde von 1936 bis 1942 gebaut.

Johanneskirche

 

Dies war wirklich ein besonders eindrucksvoller Tag und wir freuten uns schon auf die Heimfahrt am darauffolgenden Sonntag. Mit dem Besuch der Messe in der Johanneskirche um 9 Uhr 30 stimmten wir uns ein und baten um Gottes Segen. Wir bedankten uns auch für die wunderschönen Tage in Saalfeld.


                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                

 

 

 

 

 


 




 


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