Montag, 16. August 2010

BORNHOLM - mit dem Fahrrad auf Inseltour!


Bornholm ist eine dänische Insel in der Ostsee und liegt 150 km südöstlich von Kopenhagen, sowie 40 km südlich von der schwedischen Küste bei Schonen. Da ich seit Januar 1977 bei NIRO ATOMIZER A/S in Kopenhagen arbeitete und mit meiner Familie in Alleröd (30 km nördlich von Kopenhagen) wohnte, verfolgte ich in dieser Zeit die Idee, mit meinem Sohn Jochen auf dieser interessanten Insel Bornholm eine mehrtägige Radtour mit Übernachtungen im Zelt zu unternehmen.

Allerdings mußte ich dabei berücksichtigen, dass Jochen 1977 erst 6 Jahre alt war. Wir nahmen seit 1977 an der jährlichen Radfahrer-Großveranstaltung "Sjaelsö rundt" über 50 km rund um den Sjaelsö teil (siehe Schaubild). Diese Radtour wurde von der Zeitung "Berlingske Tidende" für über 10.000 Teilnehmer organisiert. 1979 fand die Veranstaltung zum 10ten Mal statt. Wir meldeten uns als Firmenmannschaft und trugen deshalb alle ein weißes T-Shirt mit dem NIRO ATOMIZER - Logo. Dieses T-Shirt nutzte Jochen noch 1982 beim Schnorcheln vor der Karibik-Insel Bonaire (um den Rücken gegen die intensive Sonneneinstrahlung zu schützen). Ein Service-Wagen unserer Firma stand unterwegs an den Rastpunkten für die Getränke-Versorgung zur Verfügung. Diese Tradition der Teilnahme pflegten wir als Familie bis zu meiner Versetzung im Sommer 1980 als Technical Manager zu NIRO ATOMIZER nach Holland.



Bei der 1. Veranstaltung (am 12. Juni 1977) zeigte Jochen noch große Schwächen und ich mußte ihn auf der Strecke teilweise unterstützen (schieben). Wir (Ulla, Jochen und ich) benötigten alle diesselbe Zeit, nämlich 3 h 6 min. Kurz danach unternahmen wir die sehr interessante Nordkap-Tour mit unserem AUDI 100 in der Zeit vom 20. Juni bis zum 2. Juli 1977 (siehe Reisebericht "Skandinavien"). Im darauffolgenden Jahr (am 11. Juni 1978)
nahm ich alleine teil und erreichte eine Zeit von 3 h. Allerdings hatte ich kurz nach dem Start einen Platten und verlor durch die Reparatur einige Zeit. Jochen hatte sich während unseres Ski-Urlaubes im März 1978 in den Dolomiten das Bein gebrochen und war deswegen immer noch gehandikapt. Jutta war die Treppe in unserem Haus in Alleröd heruntergefallen und hatte deswegen Rückenprobleme (siehe auch die Ausführungen in meinen Reisebericht "Südkorea" ).

Im Jahr 1979 starteten wir am 10. Juni wieder als Familie und erreichten die optimale Zeit von 2 h 36 min. Nun wußte ich, daß Jochen (jetzt 8 Jahre alt) auch für die Gesamtstrecke von 120 km (die wir in mehreren Etappen bewältigen würden) auf der Insel Bornholm fit war. Erschwerend kamen allerdings das Gepäck (Packtaschen, Schlafsack, Iso-Matte und Rucksack) hinzu. Bei unserer letzten Teilnahme an der "Sjaelsö rundt", am 8. Juni 1980, verbesserten wir nochmals unsere Zeit auf 2 h 28 min. Zu dieser Zeit arbeitete ich bereits in Holland und die Bornholm-Tour wäre dann nicht mehr so leicht möglich gewesen. Der Umzug nach Holland in unser neues Reihenhaus in Gouda fand am 1. und 2. September 1980 statt.



Unbewußt spielte für die Entscheidung zur Bornholm-Tour 1979 sicher auch ein Ereignis eine Rolle, das über 20 Jahre zurück in meiner Jugend lag. Damals unternahm ich in der Zeit vom 15. August bis zum 29. August 1959 mit zwei Freunden eine Radtour, die in Brühl bei Mannheim begann und über Offenburg, Titisee im Schwarzwald, dem Rheinfall von Schaffhausen, Konstanz, Ludwigshafen am Bodensee, Ravensburg, Ulm, Stuttgart und Eberbach wieder nach Hause führte. Auf dem Gruppen-Foto stehe ich rechts und bin auch an dem schwarz-weiß-gestreiften Käppi zu erkennen. Ich war damals 14 Jahre alt (ich bin am 13. November 1944 geboren) und wir meisterten eine Gesamtstrecke von über 800 km. Die Ausrüstung (Zelt, Schlafsack und Luftmatraze) hatte ich mir vor unserem Start, am 15. August 1959, während der Schulferien (ich besuchte die Mittelschule Schwetzingen) als Helfer bei der Ofenbau-Firma EXOTHERM in Mannheim-Rheinau (sie existiert heute immer noch!) verdient. Den Tipp für die Arbeit erhielt ich von meinem Schulfreund Achim Bogs. Ein Jahr später bin ich mit meinem Kanu und der Zeltausrüstung auf den Altrheinarmen der näheren Umgebung (ich wohnte damals in Brühl bei Mannheim am Rhein) gepaddelt und habe auf kleineren Inseln alleine übernachtet.

Jochen war 1979 sechs Jahre jünger als ich und wir wollten die Bornholm-Tour sehr viel ruhiger angehen, denn wir hatten eingeplant, eine Woche (vom 23. Juli bis zum 28. Juli 1979) auf der Insel zu bleiben.  Für diese Tour sollte es ohne Luftmatrazen gehen und schliefen deshalb auf dünnen Iso-Matten (eine Gewöhnungssache). Ich besitze ganz wenige Aufnahmen von unserer Bodensee-Rundfahrt 1959 (am Bahnhof Titisee verlor unser Fotograph, Karl Herrmann, seinen Fotoapparat - auf verschlungenen Wegen hat er ihn nach unserer Rückkehr mit den wenigen Bildern wieder zurückbekommen).

Es ist sehr interessant, neuere Aufnahmen von Bornholm und die 20 Jahre älteren Bilder von den jeweiligen Campingplätzen miteinander zu vergleichen. Bei der Bornholm-Tour kam interessanterweise dazu, dass Jochen auf der Fähre nach Bornholm einen dänischen Jungen in seinem Alter kennengelernt hat, der diesselbe Radtour wie wir mit seiner Mutter unternehmen wollte. So war es naheliegend, dass wir auf Bornholm gemeinsam reisten. Meine Frau Ulla konnte an der Tour nicht teilnehmen, da sie aufgrund des bereits erwähnten Treppensturzes (im Mai 1978) immer noch Rückenprobleme hatte. Sie übernachtete in dieser Zeit bei unseren dänischen Freunden, Kitte und Ole Klingest, in Lyngby bei Kopenhagen.

Unser Heimatort Alleröd lag ca. 30 km von Kopenhagen entfernt. Deshalb mussten wir zum Beginn unserer Bornholm-Tour (am Montag, den 23. Juli 1979) diese Strecke in ca. zwei Stunden bis zum Hafen zurücklegen. Wir fuhren am frühen Morgen gegen 5 Uhr mit unseren Fahrrädern in Alleröd los und erreichten rechtzeitig die Abfahrtsstelle für die Bornholm-Fähre beim Nyhavn (in Sichtweite lag auch die Oslo-Fähre). Wir mußten nicht allzulange warten, bis die Fähre von Bornholm eintraf und wir an Bord konnten.

Die Ausfahrt aus dem Hafen war gegen 8 Uhr und die Reise nach Bornholm sollte 7 Stunden dauern. Wir fuhren an der Oslo-Fähre vorbei. Das regelmäßige Tragflügelboot nach Malmö passierte uns und wir konnten den Amalienborg Plads mit dem königlichen  Schloss Amalienborg sehen. Im Hintergrund zeigte sich die Marmorkirche. Normalerweise lag hier die königliche Yacht DANNEBRO vor Anker - vielleicht war gerade ein Mitglied des königlichen Hauses mit ihr unterwegs? Fast 31 Jahre später kam das dänische Königshaus zur Hochzeit der schwedischen Kronprinzessin Victoria mit dem Bürgerlichen Daniel Westling, am 19. Juni 2010, mit der DANNEBRO nach Stockholm und ankerte am Strömmen (siehe Reisebericht "SKANDINAVIEN - von Kopenhagen zum Nordkap!"). Skandinavien

Tragflügelboot
Die Fahrt verlief bei schönem Wetter ohne Schwierigkeiten. Gegen 15 Uhr kamen wir im Fährhafen Rönne auf Bornholm an und unsere 2-Mann-Gruppe bestand nun aus vier Personen (zwei Erwachsene und zwei Kinder). Da wir Bornholm in nördlicher Richtung (siehe BORNHOLM Plan) mit unseren Fahrrädern erobern wollten, fuhren wir nur die kurze Strecke von ca. 12 km zum Campingplatz von Hasle. Sehr schnell stellten wir fest: Bornholm ist so ganz anders als das dänische Festland. Im Norden ist Bornholm so felsig wie Norwegen (diesen Teil mußten wir nun zuerst bewältigen). Die vielen Sonnenstunden machen die Insel so hell wie den Süden mit herrlichen Sandstränden, wie z.B. in Dueodde. Es ist wärmer als in Dänemark und deshalb ist die Reisesaison auch einige Wochen länger. Schon ab Mai sind herrliche Ausflüge in die blühende Landschaft möglich.

Bornholm hat eine Fläche von 588 km² und seine Küstenlinie mißt 141,4 km. Im Jahre 2001 wohnten auf der Insel 45.000 Einwohner. In dem Reiseführer "Dänemark Handbuch" (2002) von Christoph Schumann las ich S. 424: "...Diese Zahl (Bem.: 45.000) hat auch für die Touristen große Bedeutung: Um die Natur zu schonen und den Charakter der Insel zu bewahren, dürfen nämlich nie mehr Urlauber dort sein als Einwohner!". Diese Information hat mich sehr überrascht. Zu unserer Zeit (im Jahre 1979) stellte sich dieses Problem nicht, denn damals war Bornholm noch nicht von Touristen übervölkert.

Räucherei
Eine Strandwanderung in der herrlichen Abendstimmung in der Nähe des Campingplatzes von Hasle war eine sehr schöne Einstimmung auf die interessanten Ferientage. Hasle war ein relativ kleiner Ort mit 2.000 Einwohnern. Unterwegs entdeckten wir ein kleines Gebäude mit zwei langen Schornsteinen, in dem frisch gefangener Hering geräuchert wurde. Wir aßen während unserer Bornholm-Tour mehrmals geräucherten Hering (sild) und waren begeistert.


Am kommenden Morgen (Dienstag, den 24. Juli 1979) packten wir bei schönstem Sonnenschein unsere Fahrräder für den sehr interessanten Küstenabschnitt bis zur Nordspitze "Hammeren" (Strecke ca. 14 km). Die Strecke war nicht sehr leicht zu befahren, denn der Weg hatte viele lose Steine und war sehr kurvig. Wir mußten für die Bewältigung zahlreiche Pausen einlegen. Eine der ersten Pausen war bei dem kleinen Fischerort  Teglkaas mit einem kleinen Hafen. Hier kümmerte sich Jochen um seine Ausrüstung und zeigte voller Stolz auch seinen Dolch. Nun war es nicht mehr weit bis zur ein Kilometer entfernten Jonskapel.

Jonskapel besteht aus mehreren 40 Meter hohen Felsen, die am Wasser liegen, und mit Hilfe einer steilen Treppe (mit 108 Stufen) bestiegen werden können. Die Felsen sind nach einem Mönch mit Namen Jon benannt, der der Sage nach in einer kleinen Höhle gewohnt haben soll. Für seine Predigten stellte er sich auf einen Felsenvorsprung. Wir setzen uns auf einen niedrigen Felsvorsprung und genossen dort die Mittagspause. Über einen sehr steinigen und kurvigen Feldweg ging es dann zu der Ruine  Hammershus.

Die verfallene Festung liegt über dem Meer auf dem 74 m hohen Granitfelsen Hammeren und hat eine 750 m lange Ringmauer. Der Erzbischof von Lund, Jakob Erlandsen, ließ um das Jahr 1255 die Burg bauen.  Über mehr als vier Jahrhunderte lebten hier abwechselnd Erzbischöfe und Könige bis die kleine Insel Christiansö (die nördlich von Bornholm liegt) zur Festung ausgebaut wurde. Damit verlor Hammershus seine Vormachtstellung. Im Jahre 1742 wurde die Festung abgerissen. Über 80 Jahre diente sie als Steinbruch für die Bewohner der umliegenden Orte, ehe sie 1827 unter Denkmalschutz gestellt wurde. Noch 1967 wurde in einer der verbliebenen Burgmauern ein kostbarer Goldschatz gefunden.
Kürzlich gab mir meine Frau JUTTA das interessante Buch "Töchter berühmter Männer"  (neun biographische Portraits, herausgegeben von Luise F. Pusch) zu lesen. Sehr berührt hat mich die Biographie von Leonara Christina (1621 bis 1698). Sie war die Tochter des dänischen Königs Christian IV. von Dänemark und Norwegen und wurde 1660 bis 1661 in der Festung Hammershus mit ihrem Gatten gefangengehalten (S. 74 ff.). Wie es dazu kam, möchte ich Ihnen gerne kurz schildern.

Im Alter von 9 Jahren wurde Leonaora Christina auf Wunsch ihres Vaters (sie war seine Lieblingstochter) mit dem 15 Jahre älteren Adligen Corfitz Ulfeldt verlobt. Als 15-jährige heiratete sie am 9. Oktober 1636 den Grafen, der vom König Christian IV. gefördert wurde. Im Jahre 1643 wurde Corfitz Ulfeldt zum Reichshofmeister befördert und war somit der 2. Mann im Staate. Da es keine Königin gab, war Leonora Christina die "1. Dame" am Hofe. Mit dem Tode Christian IV. im Jahre 1648 trat eine entscheidende Wende im Leben des Ehepaares Ulfeldt ein.

Der Thronfolger Frederik III. (Sohn von Christian IV. und Halbbruder von Leonora Christina) bekämpfte Corfitz Ulfeldt und seine Gemahlin, Sophie Amalie von Braunschweig-Lüneburg war eine erbitterte Gegnerin von Leonora Christina. Wegen der großen Spannungen verließen die Ulfelds im Juli 1651 Dänemark in Richtung Holland und reisten später nach Schweden weiter. 1656 schickte Corfitz Ulfeldt seine Gattin zu Versöhnungsverhandlungen mit Vertretern des dänischen Königs nach Dänemark. Das Scheitern dieser Mission beschrieb Leonara Christina in ihrer interessanten Autobiographie.

Nach diesen erfolglosen Verhandlungen wechselte Ulfeldt die Seiten und beteiligte sich an dem siegreichen Krieg des Schwedenkönigs Karl X. gegen Dänemark. Er war auch an den katastrophalen Friedensverhandlungen in Roskilde (1658) beteiligt. Im Mai 1659 wurde Ulfeldt wegen des Verdachtes der Kollaboration mit den Dänen in Malmö (Schweden) unter Hausarrest gestellt. Da sie von einer angeblichen Verbannung nach Finnland erfuhren, flohen die Ulfeldts von Schweden nach Dänemark. Das Ehepaar wurde als Staatsgefangene des dänischen Königs Frederik III. über 17 Monate in der Festung Hammershus auf Bornholm gefangengehalten. Im Dezember 1661 wurden beide gemeinsam entlassen. Die dänische Königin Sophie Amalie hielt  von 1663 bis 1685 als angebliche Mitwisserin am Landesverrat ihres Gatten Corfitz Ulfeldt im "Blauen Turm" des königlichen Schlosses Christiansborg gefangen. Dieser schlimme Abschnitt ist in dem bereits zitierten Buch detailliert beschrieben - eine weitere Beschreibung würde den Rahmen dieses Reiseberichtes sprengen.
Der Autor

Vorbei an der Saene Bucht ging die Radtour weiter zur Nordspitze mit der Klippe Hammeren, die mit sehr schönen Wanderstegen überzogen ist. Unterwegs entdeckten wir eine sehr interessante Felsformation am Ufer "Kamel und Löwenkopf". Der höchste Punkt ist der Stejlebjerg mit 83 Meter. Unterhalb liegt ein großer Granitsteinbruch mit dem größten See auf Bornholm, dem Hammersö. Diesen besuchten wir, nachdem wir unsere Zelte auf dem Campingplatz von Sandvig aufgeschlagen hatten. Es war nicht sehr weit bis zu unserem nächstes Ettappenziel (2. Tag), nämlich Sandvig-Allinge. Beide gelten als Zwillingsstadt, denn wenn man die Küstenstrasse entlangfährt, gehen beide Städte ineinander über. Insgesamt wohnen hier über 2.200 Einwohner.

Am alten Hafen von Allinge hat eine Seebad-Atmosphäre, die noch von besseren Zeiten zeugt. Wegen der schönen Lage an einem eindrucksvollen Küstenabschnitt ist in Allinge-Sandvig ein Zentrum des Bornholmer Tourismus und hier findet sich heute die Hälfte der gesamten Hotelkapazität der Insel. Damals war für uns natürlich der Sandvik Familiecamping interessant, der als der schönste Campingplatz im nördlichen Bornholm bezeichnet wurde, da er nur 200 Meter vom Wasser entfernt lag.




Am Mittwoch, den 25. Juli 1979, wollten wir unser 3. Etappenziel in Gudhjem erreichen. Auf halbem Weg kamen wir in Tejn vorbei. Dort befindet sich eine kleiner Fischerhafen, der in den Felsen gehauen und 1964 erweitert wurde. Oberhalb von Tejn gibt es eine Windmühle - eine von dreien, die nach Bornholm zurückgekehrt sind. Und wieder fanden wir auf dieser Tour eindrucksvolle Felsformationen: die Helligdomsklippen. Es gibt dort auch Höhlen und Grotten. Die größte Höhle "Sorte Gryde" ist unter beschwerlichen Bedingungen zugänglich. Etwas besser ist der Zugang bei der "Törre Ovn", eine 24 m tiefe, 2,5 m breite und 4 m hohe Felsenhöhle. Die dritte Höhle "Vaade Ovn" kann man nur von der Seeseite mit dem Boot besichtigen.

Nach einer Gesamtstrecke von 18 km erreichten wir schließlich Gudhjem. Gudhjem hat 850 Einwohner (2001) und ist mit seinen steilen Gassen, die alle in Richtung Fischereihafen verlaufen, der schönste Ort von Bornholm. Der Ort liegt am Fuße eines Granitfelsens mit Namen Bokul, von dem man aus 50 m Höhe eine herrliche Aussicht hat. Der von uns besuchte Campingplatz "Sletten" lag sehr schön an der Küste und nur ca. 500 m vom Hafen entfernt. Die erste Heringsräucherei wurde 1886 in Gudhjem gebaut.

Das Richten unserer Räder und der Abschied vom Campingplatz, am Donnerstagmorgen, den 26. Juli 1979, wurde von mehreren Kindern, die längere Zeit konventionell mit ihren Eltern hier übernachteten,  interessiert beobachtet. Ich konnte deren Gedanken zwar nicht lesen - aber ganz sicher hatten sie sich gewünscht, auch einmal an einer derartigen Radtour teilnehmen zu dürfen. Für die folgende 4. Etappe hatten wir uns eine größere Strecke von 36 km bis nach Dueodde vorgenommen.

Kurz nach Gudhjem (6 km entfernt) wollten wir eine der berühmten Rundkirchen auf der Insel Bornholm, die  Österlars Kirke, besuchen. Dazu mußten wir etwas landeinwärts fahren. Da die Kirche etwas erhöht lag, bedeutete der Weg für Jochen und seine Begleiter eine ungewohnte Anstrengung, die auch von "Streikmomenten" begleitet wurde. Bei der Österlars Kirke handelt es sich um die größte ihrer Art (von vier Rundkirchen auf Bornholm), die alleine schon durch die Größe ihrer Stützpfeiler monumental wirkt, und sie wurde um 1100 gebaut. Der freistehende Glockentum stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die Kirche wurde von Anfang an auch zur Verteidigung konstruiert. Deshalb gibt es "Wächtergänge" auf drei Etagen.


Nach der Besichtigung der Kirche fuhren wir wieder zur Küste - gerade rechtzeitig, um bei Listed eine geruhsame Mittagspause in den Felsenecken einzulegen. Danach besuchten wir den Vergnügungspark "Braendesgardshaven"
,der in der Nähe von Listed lag. Dort gab es wieder einmal eine Tour mit dem Ruderboot. Diesmal ruderten uns die beiden Jungs. Zwei Jahre früher war ich in Norwegen - unter sehr viel stürmischeren Bedingungen - der kraftvolle Ruderer (siehe Reisebericht "Skandinavien" ). Über Svaneke führen wir dann weiter in den Fischereihafen von Arsdale, wo wir einige Fischer bei der Ausladung ihres Fanges beobachten konnten.

Nach dieser abwechslungsreichen und anstrengenden Tour waren wir froh, als wir unser Etappenziel  "Dueodde" an der Südspitze von Bornholm mit dem berühmten Sandstrand erreichten. Hier gefiel es uns so gut, dass wir zwei Tage, bis zum Samstagmorgen, den 28. Juli 1979, bleiben wollten. Unser Campingplatz lag direkt am Strand und zwischen Strand und Binnenland lag ein breiter Nadelwald. Der Leuchtturm "Dueodde Fyr" hat eine Höhe von 47 Metern mit einer herrlichen Aussichtsmöglichkeit über die Insel.

Am Samstag, den 28. Juli 1979 (dem 6. Tag), freuten wir uns schon wieder auf die Heimreise nach Kopenhagen. Unterwegs besichtigen wir eine sehr schöne, alte Wassermühle (Slusegaard), die um 1700 gebaut wurde. Die Mühle funktioniert immer noch. Allerdings ist der Wasserzufluß im Sommer nicht ausreichend. Da unsere Fähre erst am Nachmittag ablegte, legten wir bei Armager noch einen Strandtag bei schönstem Wetter ein. Auf der Fahrt nach Rönne, wo unsere Fähre bereits im Hafen lag, fuhren wir am Flughafen von Bornholm vorbei, wo gerade eine SAS-Maschine landete.

In der Abendstimmung war die Heimfahrt nach Kopenhagen sehr eindrucksvoll. In der Abendsonne entstanden sehr schöne Bilder, die auch heute noch eine bleibende Erinnerung hervorrufen. Auch die Stimmung im Hafen von Kopenhagen war besonders eindrucksvoll. Kurz danach ging die Sonne unter und wir mußten im Dunkeln die 30 Kilometer bis nach Hause zurücklegen.

Diese Radtour ist auch heute noch für mich sehr lebendig. Durch einen besonderen Zufall lernte Jochen auf der Fähre nach Bornholm einen Jungen kennen, der mit seiner Mutter unterwegs war. Wir bildeten eine richtiggehende "Patchwork-Familie" und erlebten die Abenteuer auf Bornholm gemeinsam. Danach sahen wir uns nie mehr wieder. Aber die "Zeichen standen schon an der Wand" - nur wollte ich sie damals nicht erkennen und lesen. Erst 10 Jahre (1989) später ließ sich meine Frau ULLA, die fünf Jahre älter als ich war, von mir scheiden und zog wieder nach Karlsruhe (von wo wir 1977 nach Kopenhagen gezogen waren).

Dass es dazu kam, hing mit interessanten und spannenden, beruflichen Entwicklungen zusammen. Im Jahre 1982 verließ ich NIRO ATOMIZER in Holland und begann als unabhängiger Beratender Ingenieur in der norddeutschen Molkereiwirtschaft zu arbeiten (ab 1984: Wohnsitz in Hildesheim). Daneben entwickelte ich als Freier Erfinder Innovationen für die Molkereiwirtschaft. Meine Erfindung "Kavitationsregelung" wurde vom Erfinderzentrum Norddeutschland EZN gefördert und 1985 schloss ich einen weltweiten Lizenzvertrag mit der Hamburger Pumpenfirma F. Stamp KG, Hamburg-Bergedorf, ab. 1987 erhielt ich im Stuttgarter Schloss den Artur-Fischer-Erfinderpreis. Völlig vertragswidrig stoppte 1988 mein Lizenznehmer alle Lizenzzahlungen (Mindestlizenzen in Höhe von 210.000 DM) und forderte 100.000,- DM zurück. Das konnte und wollte ich nicht erfüllen und mein Lizenznehmer hatte sein Ziel, mich zu ruinieren, erreicht.

Nun hätte ich die finanzielle Unterstützung meiner Frau gebraucht. Aber sie verweigerte sich mit dem Hinweis auf ihre Rückenprobleme. Ich fand mich mit der Situation (Karriere zerstört, Haus verloren, Ehescheidung) ab und lernte, von "einem Apfel und einem Ei" zu leben. Und dann kam sehr überraschend im Jahre 1996 die Wende. Am 20. Februar sprach mich gegen 15 Uhr in der Hildesheimer Schuhstrasse eine attraktive, jüngere Dame an: "Hallo Klaus, wie geht's der Iris?" (Iris war meine damalige Freundin, von der ich mich seit einiger Zeit getrennt hatte). Ich antwortete: "Der geht's gut - wir haben uns getrennt!"

JUTTA war 12 Jahre jünger als ich (damals 52) und hatte sich schon längere Zeit in mich verliebt (wovon ich nichts wußte). Als Dipl.-Sozialpädagogin war sie nun die ideale Partnerin, mir finanziell zu helfen und wieder Ordnung in mein Leben zu bringen: Ich begann erneut zu arbeiten (allerdings nur "Tagelöhner-Jobs" bei Zeitarbeitsfirmen). Und 1999 beantragte ich auf ihren Rat hin meine Rente und war im Alter von 55 Jahren erfolgreich.


Und nun noch einmal zurück zu meiner Bornholm-Tour! Wie damals hatte ich nun in Jutta eine Partnerin, mit der ich Zelten, Radtouren und und sogar  Kanufahrten unternehmen konnte. Zu unserem ersten gemeinsamen Urlaub auf der Nordsee-Insel Föhr (1. August bis 15. August 1997) hatten wir uns ein kleines Zelt, einen Zweipersonen-Schlafsack und Isomatten gekauft. Am Dienstag, den 5. August 1997, schlugen wir wild unser kleines Iglu-Zelt in den Dünen bei Utersum auf, wo wir die Nacht unter dem blauen Sternenhimmel verbrachten. Am kommenden Morgen freuten wir uns über die erfrischende Dusche in unserem Gasthof (wo wir normalerweise übernachteten). Im Rahmen von zwei Tagestouren lernten wir einen Teil der Insel kennen. Für eine geruhsame Pause unter einem schattigen Baum gab es immer Zeit.

Genau zwei Jahre (am Freitag, den 20. Februar 1998) später (nach unserem 1. Kontakt in der Schuhstrasse) fand die standesamtliche Hochzeit statt. Die kirchliche Hochzeit (am 5. Juni 1999) war in einem sehr festlichen Rahmen (mit dem Itzumer Gospelchor) in der romantischen Kirche von Lechstedt. Wir hatten also auch (als Geschiedene) Gottes Segen, der offensichtlich immer noch auf uns ruht. Der Sommerurlaub 1999 (30. Juli bis 7. August) ging nach Oberösterreich. Auf dem Weg zum Landhotel Moorhof (bei Franking) übernachteten wir zur Einstimmung wieder in unserem kleinen Zelt auf dem Campingplatz am Höllerer See. Die Fahrräder für die Tagestouren (z.B. bis zum Bendiktinerkloster in Michaelbeuern) konnte wir kostenlos im Hotel ausleihen. Unterwegs gab es immerwieder Gelegenheit zu einem entspannten Plausch und ein großer Baum lud zur Vesper ein. Nach zahlreichen Reisen in Europa (über die ich in meinen Reiseberichten geschrieben habe) wagten wir uns ab 2004 nach Afrika (Ägypten, Kenia), Indien und im kommenden Jahr nach China. Ich kann guten Gewissens behaupten: für Jutta und mich gehen seit Jahren Jugendträume in Erfüllung!

Fotos und Text: Klaus Metzger

Siehe auch BILDBAND: (IMPRESSIONEN bei Nacht und in der Dämmerung)

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